Ein Gast-Beitrag von Ismail Hdda, Praktikant bei uns in der Marsstraße und zudem aktiv für den Verein „Marokko Haus fuer Kultur und Bildung e. V.“ (https://marokkohaus.net/):

Ich bin Marokkaner und komme aus Casablanca, wohne in Deutschland, und wie alle meine Landsleute war auch ich entsetzt über die schreckliche Nachricht!

Was ist passiert?
Am 8. September 2023 um 23:11 Uhr Ortszeit ereignete sich ein Erdbeben in Marokko. Es hatte eine Magnitude von 6,8 auf der Richterskala und eine Tiefe von 19 km. Das Epizentrum des Bebens lag 74 Kilometer südwestlich von Marrakesch in Al-Haouz. Bei dem stärksten Beben in der Region seit über 100 Jahren kamen mehr als zweitausend Menschen ums Leben.
Marrakesch liegt in einer Ebene nördlich des Hohen Atlas auf einer Höhe von etwa 450 m ü. d. M. und zählt neben Meknès, Fès und Rabat zu den vier Königsstädten Marokkos. Ein Blick auf Marrakesch genügt, und schon fühlt man sich wie ein orientalischer Wüstenprinz oder eine Wüstenprinzessin. In der Kulisse zwischen Wüste und hohem Atlasgebirge kann man märchenhafte Momente unter der Sonne Afrikas erleben. Marrakesch gehört zu einer der vier Königsstädte Marokkos, und das ist bis heute in vielen Ecken spürbar. Besucht die historischen Paläste, bestaunt die imposanten Moscheen oder schlendert durch die bei Urlaubern besonders beliebte Altstadt! Diese trägt, wie auch in anderen marokkanischen Städten wie Tanger, den Namen „Medina“. In dem von der UNESCO bedachten und weltweit bekannten Bereich Marrakeschs finden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die man bequem zu Fuß erreichen kann. Die verwinkelten Gassen laden zu ausgiebigen Spaziergängen ein, und es gibt reichlich Gelegenheiten zum Einkaufen einheimischer Handwerksprodukte. Wir empfehlen dort und an anderen Orten in Marrakesch die folgenden Sehenswürdigkeiten:

  • Bahia-Palast
  • El-Badi-Palast
  • Koutoubia-Moschee
  • Saadier-Gräber
  • Bab Agnaou

Nach vorläufigen offiziellen Angaben, die am Abend des 8. September 2023 vom marokkanischen Innenministerium bekanntgegeben wurden, kamen bei dem Erdbeben mehr als 2.900 Menschen ums Leben. Bedeutende Zahlen von Todesopfern wurden vor allem aus den Provinzen Al-Haouz und Taroudant gemeldet. Mehr als 2.500 Menschen wurden in Marokko durch das Erdbeben verletzt. Laut UNICEF sind etwa 100.000 Kinder von der Katastrophe betroffen.
Laut Augenzeugenberichten stürzten zahlreiche Gebäude in der Altstadt von Marrakesch sowie Teile der Stadtmauern ein. Viele Gebäude in der Stadt wurden evakuiert. Die Bewohner flohen aus ihren Häusern auf die Straße. Mehrere alte Gebäude in der Medina von Marrakesch, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, stürzten ebenfalls ein.

In Marrakesch beseitigten die Menschen die Trümmer von Hand, während sie auf die Auskunft von Geräten warteten. Viele panische Einwohner blieben aus Angst vor Nachbeben im Freien. In den sozialen Medien wurde gezeigt, wie Menschen ein Einkaufszentrum, ein Restaurant und Wohnhäuser evakuierten.
In der Küstenstadt Imsouane verließen die Bewohner ihre Häuser. Marokko war Zeuge der Solidarität aller Marokkaner untereinander. Es wurden Hilfskonvois aus verschiedenen marokkanischen Städten organisiert (Lebensmittel, Kleidung, Zelte, Medikamente und andere Hilfsgüter). Die Zahl der Verletzten, die in die Krankenhäuser von Marrakesch eingeliefert wurde, stieg stark an. An die Einwohner der Stadt wurde ein Aufruf zur Blutspende gerichtet.

Erst knapp 48 Stunden nach dem Erdbeben kam Hilfe aus vier Ländern: Spanien, dem Vereinigten Königreich, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar. Insgesamt hatten über 60 Staaten, einschließlich Deutschland und Frankreich, Hilfe angeboten. Diese wurde vom König abgelehnt. Der Grund dafür ist, dass Marokko der Meinung ist, die Krise alleine, selbständig und souverän selbst bewältigen zu können, und daher nur einige auf Rettungsmaßnahmen spezialisierte Teams benötigt. Marokko akzeptierte insbesondere nicht, dass Emmanuel Macron eine direkte Ansprache an das marokkanische Volk richtete und darin den König und die Regierung ignorierte. Dies wurde von vielen Bürgern als respektloses Verhalten angesehen, das politisch motiviert ist und die Meinung vertritt, dass Marokko immer noch eine Kolonie Frankreichs ist.