Wer ist verantwortlich für die Tragödie im Mittelmeer?

In der Nacht auf den Mittwoch, den 14. Juni, ereignet sich eine der schlimmsten maritimen Katastrophen der vergangenen Jahre. Ein Fischerboot mit bis zu 750 Migrant*innen sinkt rund 50 Seemeilen südwestlich der Halbinsel Peloponnes. Lediglich 104 Menschen werden gerettet, 82 Tote in den folgenden Tagen geborgen. Über 500 Tote sind zu beklagen!

Bis heute ist noch nicht vollständig geklärt, wer für diese katastrophale Tragödie verantwortlich ist. Sind es die kriminellen Schleuser, die die Menschen für angeblich 5000 Euro pro Person in dem baufälligen und völlig überladenen Vehikel auf eine Reise unter inakzeptablen Bedingungen und mit kaum überschaubaren Risiken schickten? Sind es tatsächlich die Migrant*innen an Bord, die angeblich „Hilfsangebote“ der griechischen Küstenwache abgelehnt haben sollen? Hat nicht vielmehr eben diese griechische Küstenwache mit ihrem Fehl-Verhalten die Katastrophe, wenngleich nicht überhaupt erst verursacht, so zumindest nicht wenigstens verhindert? Oder ist es das ganze System aus internationaler (europäischer) Politik, Bürokratie und staatlichen Interessen, wie mit diesen Menschen verfahren wird, die vor Krieg, Perspektivenlosigkeit und Unterdrückung über das Mittelmeer nach Europa und in ein besseres Leben zu fliehen versuchen, das solche Vorfälle förmlich heraufbeschwört und letztlich stillschweigend in Kauf nimmt?

In den vergangenen Tagen häuften sich in jedem Fall ganz konkret Indizien, die die griechische Seite schwer belasten – wie einem Artikel der WELT AM SONNTAG vom 25.06. zu entnehmen ist – siehe unter https://www.welt.de/politik/ausland/article246045678/Katastrophe-von-Pylos-Hunderte-Tote-im-Mittelmeer-Augenzeugen-belasten-Griechenland.html: Duccio Staderini, Landeskoordinator der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ in Griechenland, äußert sich darin wie folgt: „Im Seerecht…[gibt] es klare Regeln…das Boot brauchte Hilfe. In so einem Moment ist es irrelevant, was die Menschen an Bord sagen…sie müssen gerettet werden, und auch für diesen Ablauf gibt es klare Standards.“
Weiterhin ist dort nachzulesen, dass sich „…auch ein Sprecher der EU-Grenzschutzagentur Frontex…irritiert…über den Ablauf des Rettungseinsatzes [zeigt] . Frontex habe Griechenland vor dem Schiffbruch zweimal angeboten, ein in Italien stationiertes Flugzeug sowie eine in der Ägäis stationierte Drohne einzusetzen. ‚Beide Male gab es keine Reaktion‘, so der Sprecher. Stattdessen habe Athen darum gebeten, die Drohne zu einem anderen Rettungsfall nahe Kreta zu schicken…
Federico Soda, Direktor der Abteilung für Notfälle der UN-Organisation für Migration, fordert nach dem Drama vor Pylos die Rückkehr zur proaktiven staatlichen Seenotrettung. Die EU habe diese vor Jahren im zentralen Mittelmeer eingestellt…
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, es müsse zunächst schnell untersucht werden, was die Ursachen für die Tragödie waren und welche Möglichkeiten es gab, diesen Schiffbruch zu verhindern. Die Bundesregierung setze sich für eine europäisch koordinierte, staatlich getragene Seenotrettung ein. Auch private Seenotrettungsschiffe dürften dabei nicht behindert werden.“

Es bleibt also zu hoffen, dass diese unfassbare Tragödie vollständig aufgeklärt wird und entsprechend Lehren und Konsequenzen daraus gezogen werden, damit sich Ähnliches nicht noch einmal ereignet!