Sparpläne des Bundes treffen auf Unverständnis

Mögliche Einsparungen des Bundes im Bereich Integration treffen im Landkreis Dachau auf Unverständnis

Der Beschluss der Bundesregierung zum Haushaltsentwurf 2024 sieht deutliche Kürzungen im sozialen Sektor vor. Mit Blick auf die bereits heute deutlich angespannte und personell bei weitem nicht ausreichende Beratungssituation sowie die weiterhin massiv ansteigende Zahl von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Arbeitskräften aus dem Ausland, hätten diese Kürzungen auch im Landkreis Dachau spürbare Folgen und konterkarierten die tatsächliche Entwicklung und Herausforderungen.

Bei einem Besuch in der Beratungsstelle des Vereins Hilfe von Mensch zu Mensch machte sich Landrat Stefan Löwl am Dienstag, den 26. September 2023, ein Bild von der aktuellen Situation. Die Beratungsstelle bietet im Landkreis Dachau gemeinsam mit der Caritas aktuell Beratungsangebote im Rahmen der vom Bund hauptsächlich finanzierte Migrationsberatung für Erwachsene (MBE). Gemeinsam mit Denija Slipicevic und Caroline Palminha vom Verein Hilfe von Mensch zu Mensch sowie Nuala Catherine McGeady-Mett und Carolin Sandhorst vom Fachdienst Asyl und Migration der Caritas Dachau diskutierte er die Folgen der geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt auf lokaler Ebene. Auch die Sozialverbände haben sich in den vergangenen Tagen massiv an die Regierungsfraktionen sowie alle örtlichen Bundestagsabgeordneten gewandt. Eine erfolgreiche Integration ist in vielen Fällen nur mit einer Beratung, teilweise auch nur mit einer intensiven Betreuung und Begleitung, möglich. Die Erfolge können sich hier auch durchaus sehen lassen, etwa 7 von 10 Klienten können am Ende der Beratung auf „eigenen Beinen“ stehen. Beraten werden in beiden Stellen jeweils zur Hälfte Menschen mit Asylhintergrund und Menschen aus anderen, meist europäischen, Ländern. Das Beratungs- und Betreuungsangebot ist freiwillig.

Die Beraterinnen unterstützen die Mitbürgerinnen und Mitbürger aus anderen Ländern, die Probleme des Alltags zu meistern und sich beruflich und gesellschaftlich zu integrieren. Unter anderem vermitteln sie Integrations- und Sprachkurse, beraten in finanziellen und gesundheitlichen Fragen sowie bei der Berufsfindung inkl. der Anerkennung von Bildungsabschlüssen. Aufgrund der vielen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wurden im Jahr 2022 bundesweit Sondermittel für die Finanzierung der MBE zur Verfügung gestellt. Diese sollen nun zurückgenommen werden, obwohl die ukrainischen Kriegsflüchtlinge nach wie vor hier sind und nach wie vor Beratungsbedarf haben. Zusätzlich steigen die Zahlen der Asylsuchenden und Flüchtlinge, und auch aufgrund der Neuregelungen durch das Fachkräftezuwanderungsgesetz dürften zahlreiche Personen mit entsprechendem Unterstützungsbedarf in den Landkreis kommen. Die Kürzungen, welche nun gut etablierte Strukturen zerstören würden, passen daher in keiner Weise zur aktuellen Situation und den großen Herausforderungen.

Neben den Sozialverbänden kritisieren deshalb auch die Kommunen die geplanten Kürzungen im sozialen Bereich. Den besonders mit Blick auf die Integration der Flüchtlinge und Asylsuchenden, die nicht nachlassenden Zugangszahlen und die ohnehin im Vergleich zur Asylsozialberatung des Freistaats Bayern schon immer schwach aufgestellte MBE können mit kommunalen Ressourcen finanziell nicht kompensiert werden. „Die geplanten Einsparungen des Bundes erschweren die Integrationsaufgabe und sind eine von Realitätsverweigerung und Ignoranz sowie Arroganz gegenüber der kommunalen und sozialen Ebene vor Ort betriebene Diskussion auf Bundesebene,“ erklärt Landrat Stefan Löwl deutlich verärgert. „Auch für die ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürger bedeutet dies eine spürbare Zusatzbelastung bzw. den Wegfall von kompetenten, hauptamtlichen Ansprechpartnern. Die finanziellen Mittel und Zuschüsse müssen sich – wie in Bayern – an den Zugangszahlen orientieren, und nicht am Wunsch, Geld für irgendwelche Projekte im Bundeshaushalt freizuschaufeln – erst die Pflicht, dann die Kür!“

Caroline Palminha stellt klar: „Menschen kommen zu uns, weil sie sich integrieren möchten. Unsere Gesellschaft braucht diese Menschen. Schon jetzt haben wir jedoch mehr Fälle als wir eigentlich begleiten können. So müssen wir uns manchmal auf eine Akuthilfe reduzieren. Wenn nun Gelder gestrichen werden, müssen wir die steigende Zahl an beratungswilligen Menschen mit weniger Ressourcen bewältigen. Das kann nicht gelingen und ist auch gesellschaftlich zu kurz gedacht.“

Auch Nuala Catherine McGeady-Mett vom Caritas-Zentrum Dachau sieht dies so: „Der Bund will hier an der falschen Stelle sparen. Wir müssen konsequent in Bildung und Teilhabe sowie Integration investieren, um kurz-, mittel- und langfristig unsere Gesellschaft zu stabilisieren. Sollten die Kürzungen tatsächlich kommen, wird sich die Betreuung und Integration vor Ort massiv und spürbar verschlechtern. Hier müssen wir einen anderen Weg gehen.“

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Landrat Stefan mit Caroline Palminha und Denija Slipicevic vom Verein Hilfe von Mensch zu Mensch sowie Carolin Sandhorst und Nuala Catherine McGeady-Mett vom Fachdienst Asyl und Migration der Caritas Dachau