EU-Staaten und Europaparlament einigen sich auf Asyl-Reform

EU-Staaten und Europaparlament haben sich am 20.12. auf eine Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (Geas) geeinigt.

Im Wesentlichen geht es um schärfere Asylregeln sowie eine Entlastung von Hauptankunftsländern wie Italien oder Griechenland:

  • Erstmals soll es direkt an den EU-Grenzen Asylverfahren geben, um Migrant*innen mit besonders geringen Aufnahmechancen an der Weiterreise zu hindern. Dies betrifft etwa Menschen aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch mit geringer (unter 20 Prozent als neuer EU-Maßstab) Anerkennungsquote.
  • Migrant*innen werden noch vor ihrer Einreise in Grenznähe festgehalten und von dort aus ggf. direkt abgeschoben. Asylverfahren und Abschiebung sollen in der Regel innerhalb von je zwölf Wochen erfolgen.
  • Die Mitgliedsländer können Asylbewerber*innen in „sichere Drittstaaten“ wie Tunesien oder Albanien abschieben.
  • Das Land der ersten Einreise bleibt weiterhin für den Asylantrag zuständig. Eingeführt wird ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus zur Umverteilung von Migrant*innen aus besonders belasteten Ankunftsländern wie Italien, Griechenland oder Malta. Nicht aufnahmewillige Staaten wie Ungarn können sich davon allerdings mit 20.000 Euro pro Person „freikaufen“.
  • Bisher kommen zahlreiche Menschen unregistriert in Deutschland an. Mit der Reform soll der Druck auf Grenzländer wie Griechenland oder Italien erhöht werden, die Identität direkt bei der ersten Einreise in die EU zu erfassen. Die Grenzländer sollen Fingerabdrücke und andere biometrische Angaben der Migrant*innen in der zentralen Eurodac-Datenbank der EU registrieren.
  • Bei Ankunft besonders vieler Geflüchteter wird eine sogenannte „Krisenverordnung“ aktiviert: Auch Migrant*innen mit höheren Anerkennungschancen sollen dann die Grenzverfahren durchlaufen und können dann bis zu 18 statt zwölf Wochen festgehalten werden.

Die Reform soll bis zur Europawahl umgesetzt werden – sie findet in Deutschland am 9. Juni 2024 statt.

Erste Einschätzungen:
Zahlreiche humanitäre und soziale Organisationen wie z.B. Pro Asyl, „Offen“ und der Paritätische lehnen die Reform in dieser Form ab. Insbesondere der Umgang mit Familien mit kleinen Kindern wird stark kritisiert – sogar diese sollen künftig in den gefängnisähnlichen Grenzlagern untergebracht werden, wenn sie europäischen Boden betreten haben. Bei diesem Thema konnte sich die deutsche Bundesregierung, die dies verhindern wollte, nicht durchsetzen.

Immerhin: Die 27 EU-Staaten konnten ein Signal der Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit senden – auch aufgrund der aktuellen Stimmung und Stimmungsmache in weiten Teilen der europäischen Bevölkerung und Politik (Thema: Rechts-Ruck), auch in Deutschland, ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

Quellen:
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-asylreform-faq-102.html
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-asylreform-110.html